Zwei Immobilienexperten im Interview
Die Gesellschaft verändert sich
Im 12. digitalupdate waren zwei Größen aus der Immobilienbranche zu Gast. Sie gaben den Zuschauern Einblicke in die derzeitige Lage in der Immobilienwirtschaft und prognostizierten keinen nennenswerten Einbruch bei den Immobilienpreisen. Matthias bemerkte in seinem Maler-Unternehmen, dass Corona die Menschen dazu gebracht hat, ihr Eigentum wieder mehr wertzuschätzen und eventuell eingesparte Urlaubsgelder vermehrt in die Renovierung ihres Hauses zu investieren.
Wohnungsbesichtigungen im Jahr 2020
Mirko Kaminski, Immobilienmakler bei https://arthax-immobilien.de/ in Hannover war der erste Gast in der Sendung. Ihm ist ebenfalls aufgefallen, dass Mieter bei ihren Verwaltungsgesellschaften seit einigen Monaten erheblich mehr Mängel in den Wohngebäuden melden. Viele befinden sich im Homeoffice und gehen täglich mehrmals durch das Treppenhaus, sie nehmen Dinge eventuell bewusster wahr, als vorher im hektischen Alltag.
Besichtigungen konnte Mirko Kaminski zu Beginn des Lock Downs nicht mehr durchführen. Dies war ein großes Problem für ihn und die Maklerbranche generell, da für ihn eine Immobilie ein Ort ist, indem man einen gewissen Abschnitt seines Lebens verbringt und dafür die visuellen und emotionalen Eindrücke benötigt. Um seinen Kunden weiterhin Immobilien anbieten und zeigen zu können, hat seine Firma die Exposés digitalisiert, indem nun 360 Grad Kameras die Interessenten auf eine virtuelle Tour durch ihr Traumhaus mitnehmen sollen. Wiederum andere Kollegen begehen die Wohnung alleine und übertragen die Besichtigung live über ihr Handy oder Tablet. Beides stellt für ihn jedoch lediglich eine temporäre Lösung dar. Aktuell hat sich der Wohnungsmarkt laut Kaminski etwas entspannt, während sich vor der Corona Krise durchschnittlich 50 – 200 Wohnungssuchende für eine Immobilie interessiert haben, sind es derzeit nur noch 20 – 50.
Seiner Meinung nach werden die Preise in absehbarer Zeit stagnieren. Die Banken werden ihre Kredite anpassen und beim Kauf einer Immobilie wieder mehr Eigenkapital verlangen.
Jürgen Engelberth – der Experte im Bereich Immobilienwirtschaft
Der zweite Gast, Jürgen Engelberth, gehört zum Vorstand des Bundesverbandes für die Immobilienwirtschaft https://www.bvfi.de/ . Dort haben sich ca. 11.000 Immobilienexperten vereinigt, die Unternehmen z.B. bei gesetzlichen Änderungen wie dem Geldwäschegesetz oder bei der Umsetzung der DSGVO unterstützen. Engelberth hat in seiner Amtszeit die deutsche Immobilienmesse initiiert. Der BVFI hat vor einigen Monaten einen Corona-Kanal eröffnet, da die Mitglieder mit Anfragen von Unternehmen überflutet wurden. Es hat sich eine große Unsicherheit in der Immobilienbranche breitgemacht, viele wussten nicht ob Besichtigungen noch zulässig sind und hatten Angst mit rechtlichen Konsequenzen konfrontiert zu werden. Existenzängste waren ebenfalls ein großes Thema. In täglichen Webinars zu Fördermodellen oder der Umsetzung von Desinfektionsmaßnahmen wurden die wichtigsten Fragen geklärt.
Leider gibt es laut Engelberth in der Maklerbranche viele schwarze Schafe. Jeder kann diesen Beruf ausüben, ohne qualifiziert zu sein oder einen Nachweis erbringen zu müssen. Ein professioneller Makler erstellt Gutachten, Bewertungen oder Mikroanalysen und ist im besten Falle gleichzeitig ein Marketingspezialist. Der BVFI fordert seit Jahren eine Zulassung für Makler, bislang warten sie jedoch vergeblich auf eine gesetzliche Änderung. Besonders in gewerblich genutzten Immobilien sieht Engelberth eine Gefahr, da viele kleinere Unternehmen wie Reisebüros insolvent gehen könnten. Dies führt wiederum dazu, dass Leerstände entstehen und infolgedessen die Preise sinken. Jedes Jahr verlieren wir in Deutschland 400.000 Immobilien, da sie nicht durch notwendige Investitionen saniert werden. Es entstehen jedoch nur 100 – 150.000 neue Immobilien. Diese Marktverknappung ist für die extreme Preissteigerung der letzten Jahre mit verantwortlich. Zusätzlich wurden staatliche Eigentumsförderungen abgeschafft.
Ihn persönlich hat diese außergewöhnliche Zeit zum Umdenken bewegt. Er möchte weniger beruflich reisen, da er bemerkt hat, wie zeitsparend und effizient eine digitale Konferenz ist. Sein Tipp an alle Unternehmer und auch Privatleute: Der größte Fehler beim Kauf einer Immobilie ist es, erst gar keine Immobilie zu kaufen.